Wie nehmen wir Musik wahr und welche Assoziationen weckt sie in uns? Wie hängen Musik – eine begriffslose Kunstform – und außermusikalische Bilder und Assoziationen, die sich sowohl beim Hören als auch im Kompositionsprozess ergeben, miteinander zusammen? Um diese Fragen kreist die Konzert-Installation »The Timeless Moment« der Regisseurin Silvia Costa und des Pianisten und Komponisten Alain Franco. Klangereignisse gestalten einen Raum, den das Publikum mit allen Sinnen erfahren kann. Im Wesentlichen greifen Costa und Franco dabei auf Werke zweier Komponisten zurück: Claude Debussy und Tristan Murail. Während die Impressionisten um Debussy darauf abzielten, den subjektiven Eindruck externer Bilder in ihren Werken wiederzugeben, richtet der Spektralist Murail den Blick ganz auf die Musik selbst und erschafft aus ihren einzelnen Parametern vielschichtig erfahrbare Klangräume, die sich den Vorurteilen des Sehens entziehen.
Eine musikalische Struktur aus Klavierwerken Debussys und Murails »Territoires de l’oubli« bildet die Basis der Installation. Einzige Darstellerin auf der Bühne ist eine Person mit Sehbehinderung – jemand, für den der Hör- uns Tastsinn die einzigen Wegweiser in der Welt und die Grundlage der inneren Vorstellungskraft sind. Gehörtes kann für die Darstellerin in der Dunkelheit ihrer Augen einen Lichtfunken entzünden. Ihre Art, die durch das Hören von Musik hervorgerufenen Empfindungen wahrzunehmen, ist einzigartig und unwiederholbar, weil sie keine äußerlichen Verknüpfungen herstellt. Sie hat nie gesehen, wie andere Menschen Freude, Traurigkeit oder Angst empfinden, sie spürt es einfach und drückt es auf die ihr eigene Weise aus. Durch dieses innere Wissen versucht sie, dem Publikum ihre musikalische Wahrnehmung näher zu bringen. Die Art und Weise, wie dies geschieht – sprachlich, gestisch, choreografisch, performativ – entzieht sich jeglicher theatralen Repräsentation und ist in jeder Vorstellung anders.
Inspiriert von den impressionistischen großformatigen Abbildungen von Seerosenteichen spielt auch Wasser in der Installation eine wichtige Rolle – ein mobiles Element, ohne definierte Form, dessen Oberfläche und Farbe sich in Abhängigkeit von der Musik verändert. Auch mit Temperaturschwankungen, Lichteffekten sowie mit haptischen Elementen wird gearbeitet. Das Publikum ist eingeladen, seine Rezeptionshaltung zu befragen, sodass es den Abend mit veränderter, vielleicht sogar geschärfter Wahrnehmung verlässt.
INSZENIERUNG, BÜHNENBILD, KOSTÜME
Silvia Costa
MUSIKALISCHES KONZEPT, KLAVIER
Alain Franco
SOUNDDESIGN
Nicola Ratti
LICHT
Marco Giusti
MITARBEIT BÜHNENBILD
Michele Taborelli
DRAMATURGIE
Christoph Lang
MIT
Fanny Däuper, Naomi Sanfo-Ansorge